barac, 29. mai 1999:

Das Falkensteiner Ufer liegt an der Elbe, im Westen der Stadt Hamburg. Es ist der Name eines unbebauten, kilometerlangen Sandstrandes, gleich gegenüber der Insel Schweinesand. Zu diesem Ort gelangt man über die Elbchaussee in Richtung Blankenese. Es folgen die Blankeneser Landstrasse und die Kösterbergstrasse, bis man in einem Waldstück den Siebenweg erreicht. Zu Fuss geht es jetzt noch ein paar Minuten diesen steilen Asphaltstreifen hinab. Auf dem Niveau des Stroms angekommen, endet der Wald und gibt dem Besucher einen weiten Blick auf den hellen Strand und die dunkle, träge dahinziehende Elbe frei. An Sommertagen wird es Mühe machen, in der Nähe Hamburgs einen schöneren Platz zu finden.

Der 29. Mai war ein Samstag und er ist mir in Erinnerung geblieben. Mit ihm begann eine stetige Folge von Treffen, Parties, Gesprächen und Schwärmereien einer Gruppe von Stadtmenschen, deren kleinster gemeinsamer Nenner ihr Singledasein war. Nun, im Februar 2000, bin ich im Grunde noch immer der Meinung, dass sich an dieser Basis nicht viel geändert hat.

An jenem Tag bekamen wir beim Beachvolleyball Gesellschaft von einer Frau, die uns Jungs stark beeindruckte. Mit Bikini und einem blau-schimmernden Seidentuch bekleidet, das sie nach indischer Art um die Hüften geknotet hatte und mit einer dieser sportlich-arroganten Sonnenbrillen ausgestattet, die in diesem Jahr in Mode waren, war es selbstverständlich, dass sie mitspielen durfte. Sie hatte blonde Haare und eine leichte, für ihren Typ ideale Bräune. Sie besass ein schönes Lächeln. Ich schätzte ihr Alter auf Ende 20.

Sie konnte spielen. Ihr Tuch hatte sie schnell zur Seite gelegt. Die Sonnenbrille behielt sie auf. Aufschlag, Stellungsspiel, Zuspiel. Man merkte schnell ihre Routine. Wir Jungs waren nicht besonders, aber wir gaben uns Mühe. Grimassen, Posen, Flugeinlagen, Kommentare, Witze. Wir balzten. Und sie liess es sich gerne gefallen. Lachen. Ihre weissen Zähne. Schnell kannte sie unsere Namen. Ich erinnere mich an die Wölbung ihrer Schenkel, an ihre Art, im Stand ein Bein einzuknicken. Wir spielten lange.

Mir ist dieser 29. Mai in Erinnerung geblieben, weil mir dort am Strand wieder bewusst wurde, wie schön es doch ist, am Leben zu sein. Mag anderen diese Erkenntnis, mögen für andere die Umstände und die Ursachen dieser Erkenntnis auch noch so banal erscheinen: ich hatte sie vermisst. Wir sprachen in diesem Jahr noch oft von diesem Tag am Falkensteiner Ufer. Jeder hatte unterschiedliche Erinnerungen daran. Doch allen schien dieser 29. Mai ein besonderes Datum gewesen zu sein. Mir wird es nicht gelingen, die Eindrücke aller zusammen zu fassen. Ich glaube es reicht einfach wenn ich sage: An Sommertagen wird es Mühe machen, in der Nähe Hamburgs einen schöneren Platz zu finden.

weiter am 10. september 1999