boeni, 3. september 2000 - phiesta fährt kanu auf der luhe: Ich bin vollkommen entspannt, als wir an der Brücke in Luhmühlen ankommen. Ausgeschlafen. Genau die richtigen gemütlichen Klamotten an. Ein Fläschchen Prosecco mit den üblichen Verdächtigen, bevor es losgeht. Noch eins. Es ist einer der Tage, an denen Ruhe in mir herrscht. Ich bin nur hier und jetzt, und das, was ich gleich tun soll, ist das, wozu ich Lust habe. Nichts lenkt mich davon ab. Kein Buch, keine Zeile, die noch runtergeschlungen werden soll. Das ist jetzt alles nicht wichtig. Wichtig ist nur der Augenblick, der Fluß, das Boot, die Menschen. Na ja, Woldo hat einen solchen Tag nicht erwischt, und schon nach zwei Minuten knöttert sie rum, weil wir keinen blassen Schimmer haben, wie man so ein Kanu lenkt. Rums in die Uferböschung, dann dreht sich das Heck in die Strömung und wir treiben rückwärts. Ich find's klasse. Es ist so wie früher, wenn wir uns beim Fußballspielen im Strafraum extra in die Pfütze schmissen, weil wir einfach Lust auf ein bißchen Chaos hatten. Es ist wie Spielen in der Kindheit, zu wissen, daß man es nachher warm und trocken haben wird, daß es was Tolles zu essen gibt. So einfach. An der ersten Stromschnelle gibt es einen Stunt. Wir kriegen die Kurve in die Mitte nicht, treiben in die herunterhängenden Zweige, ich sehe nichts, dann trifft mich ein Schlag an der Schläfe, ich fliege nach links, rudere mit den Armen, das Boot kippt und kippt, Wasser läuft rein, der Rucksack fängt an zu schwimmen, dann diese kalte Nässe in der Hose und Woldo plumpst hinter mir rein. Aus. Barac und Sanjo sitzen lachend und trocken hinter der Stromschnelle in ihrem Boot. Die Bande hat alles fotografiert. Wir ziehen uns trockene Klamotten an, der Rest paddelt weiter. Als wir sie einholen, sind Noaal, Schmi und ihre Mitrudererin über Bord gegangen. Alle lachen und stoßen an. Vom Boot aus schaue ich mir den Haufen an und freu mich über sie. Es ist doch Phiesta, auch wenn wir uns oft fetzen. Na und. Sie sind lebendiger und eigenwilliger als die Berliner damals, bei denen es nur in seltenen Augenblicken zum Phiesta-Gefühl kam. Es waren nur einzelne Grüppchen, die sich über mich trafen. Vielleicht liegt es auch daran, daß wir alle älter und schrulliger geworden sind. Ja, ihr seid Phiesta! Ihr seid's!
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