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boeni, 2. advent 2000 (10. dezember):

früher nachmittag, dicke graue wolken treiben vorbei. die feuerzangenbowle gestern abend bei jänma hat mich hinuntergerissen ins grübeln. auch einige beobachtungen. respekt, freundschaft, diese beiden großen worte, die auch bei phiesta immer wieder mit pathos beschworen werden, sind an manchen tagen schwierige konzepte.

es ist erstaunlich zu sehen, wie unterschiedlich auch im phiesta-clan leute behandelt werden. jänma hat eingeladen, es ist das erste mal, dass er das tut. gekommen sind nur wenige. einige hatten es nicht nötig ihm abzusagen, weil sie schon eine spannendere einladung gefunden hatten. klar, das kommt vor. andere sagten noch am nachmittag freudestrahlend „bis heute abend“, um dann nie aufzutauchen und auf nachfrage unglaubwürdige ausreden nachzuschieben. was war passiert, fragte ich mich? wieder andere rauschten ohne angabe von gründen stunden später herein, blieben eine stunde, aber spätestens beim hektischen griff in den videorecorder, als die rühmannsche „feuerzangenbowle“ vorbei war, war klar, dass sie nur bis zum ende des films ausgeharrt hatten. einige entblödeten sich nicht, mal kurz in der küche „aufzutanken“ und dann gestenreich nach einer viertelstunde abschied zu nehmen - das aufregende kiezleben rief. hatte es vielleicht auch mit dem wichteln zu tun, jenem vorweihnachtlichen - vielleicht ja vorsintflutlichen - geschenkritual, dem man partout entgehen wollte?

so what? mögt ihr sagen. es war doch nur ein abend von vielen. nein. es war ein abend, an dem respekt, wenn schon nicht freundschaft, in der allgemeinen unverbindlichkeit aufgingen. alles steht zur disposition, wenn es letztlich um den kick im täglichen einerlei geht. der kick, von dem L. mir mal sagte, dass er ihn so sehr vermisse und doch immer nötiger brauche.

„respekt ist unsere aufgabe“ hieß eine wahre zeile der jazzkantine vor einigen jahren. respekt ist zum beispiel ehrlich zu antworten. wir sind alle nicht perfekt, und da haben wir also schon mal einen guten vorsatz für 2001. respekt. auszusprechen erst in der silvesternacht. vorher können wir alle noch mal drüber nachdenken.

noch ein gedanke, der mir an diesem grauen hamburger sonntag durch den kopf geht: die „prozent-freundschaft“. die meisten wollen 100-prozent-freundschaften, einige sagen, 80 prozent ist genug, denn ich bin ich und ich brauche niemanden bis zum letzten. wieviele 100-prozent-freundschaften hat ein jeder von uns? was hindert uns daran, selbst sehr guten freunden 100 prozent zu geben, aber vielleicht zu oft 100 prozent zu fordern? dass mich hier keiner falsch versteht: von diesen zweifeln nehme ich mich nicht aus.

warum ich mir meinen kopf über jänmas einladung zerbreche? keine ahnung. möglich, dass er sich gar nicht den kopf drüber zerbricht. vielleicht ist es die herbstliche empfindlichkeit, die mich mal wieder überkommt. aber ich bin selten so traurig ins bett gegangen wie gestern abend. was aber immerhin zeigt, dass phiesta immer wieder große gefühle wecken kann.

ach ja: die feuerzangenbowle hat ziemlich gut geschmeckt.

weiter an silvester 2000