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boeni, 24. mai 2001:

phiesta bringt mich wieder einmal zur verzweiflung. seit knapp drei wochen ist eine eigenartige beziehungs-, ja fast belanglosigkeit unter uns spürbar.

angefangen hat es mit der planung für unsere (kunst?-)aktion bei karlo. woldo und makan haben ihm das schmackhaft gemacht, denn er will weg von der reinen ausstellerei hin zu mehr leben im art store.

also trommelten wir alle an einem sonntag anfang mai bei mir zusammen, mit kaffee und kuchen, gutbürgerlich, muss ja auch mal sein. dass alle sagten, ja klar lass uns das machen, war an sich schon verrückt genug, denn letztes jahr war ich mit solch einer idee noch gescheitert.

aber unser enthusiasmus ist an jenem sonntag nicht ansteckend. jeder kommt irgendwann, sanjo wehrt schon gleich jegliches engagement ab, weil er zurzeit wichtigeres zu tun habe. pupfi und reido gehen lieber segeln, ohne bescheid zu sagen.

das gespräch kommt schleppend in gang. sanjo bezweifelt, dass wir als phiesta irgendetwas in karlos galerie zeigen könnten - sei es die alte party-collage oder unsere sonstigen party-bilder -, was karlos ausstellungen das wasser reichen konne. ich höre einen sehr traditionellen kunstbegriff heraus und wundere mich. versuche ihm klarzumachen, das wir als gruppe, als prozess aus zwei jahren doch keine rechtfertigung dafür bräuchten uns zu präsentieren. es sei doch egal, ob das ganze nun kunst sei oder nicht. die aktion und der spass seien entscheidend.

die idee von woldo und makan, jeden ein objekt zum thema "gruppe" machen zu lassen, verursacht lerth und auch sanjo unbehagen. lerth meint, das sei viel zu verschwommen, er wolle sich lieber damit befassen, wo er herkomme und wie er in die grossstadt gelangt sei. ein streit entbrennt, weil makan sich unverstanden fühlt. sie meint, sie habe schon gar keine lust mehr, und auch schmi scheint diese diskussion den spass abzuwürgen. eine angespannte atmosphäre ist plötzlich im raum, aber es ist keine anspannung der kreativität, sondern der habachtstellung. barac reisst das ruder dann rum und schlägt als kompromiss die themen "ich" und "wir" vor. alle stimmen zu, dann verabschiedet sich sanjo, weil er fernsehen will, und auch die anderen gehen.

am nächsten morgen mailt makan an alle, dass sie aus diesem thema aussteige, weil sie anst habe sich zu entblössen. ich versuche sie umzustimmen, vergebens. den anderen scheint's egal zu sein, denn sie rühren sich nicht, wie makan beklagt. in einer mail an die anderen versuche ich schliesslich, die situation zu retten und schlage vor, ohne makan weiterzuplanen. diese klingelt mich daraufhin am nächsten morgen aus dem bett und empört sich über meine formulierung, mit der ich sie blossstellen würde. ich bin noch gar nicht wach, aber als ich zu mir komme, rege ich mich fürchterlich auf. der brass hält zwei tage an. von den anderen bis auf schmi immer noch keine reaktion. makan ist enttäuscht, dass sich auf die einladung zum kickern diverse leute nicht melden und einfach nicht auftauche. viele haben wichtigeres zu tun.

bad vibrations liegen in der luft.

ich bin genervt von meiner arbeit, und die gelassenheit der kapverden ist schon lange wieder hin. woldo ist genervt von der anstrengenden gruppendynamik. makan fühlt sich hängengelassen. sanjo ist seit wochen unwohl, ergeht sich aber nur in andeutungen, aber fragt einen auch nie, wie es einem geht. schmi will nichts entscheiden, wenn man ihn fragt, zu etwas einlädt. er vermittelt einem in letzter zeit eher das gefühl, auf der suche nacht spannenderem zu sein... aber wir sprechen nicht aus, was uns bewegt. klar ist nur: unsere kommunikation ist gestört. aber ist das alles?

das ganze ausgerechnet kurz vor

...dem 29. mai, dem zweiten jahrestag der phiesta-initialzündung, "damals" am falkensteiner ufer. vor einem jahr habe ich schon mal bilanz gezogen. damals war ich traurig, dass wir uns alle nicht zu mehr aufraffen konnten, etwa zu einer aktion bei karlo. dieses mal ist es mir egal, ob so etwas klappt. mir schiesst "the death of hippie" durch den kopf, jener umzug ende 1967 in san francisco, mit dem die urhippies auf die verflachung ihrer idee antworteten. plötzlich war hippie zu einem unlaublichen mainstream-spektakel geworden, nach nur zweieinhalb jahren. nicht das phiesta jetzt eine "bewegung" wäre, aber es ist schon eine art gruppen-"experience" (ganz hippiesk ausgedrück), die ich noch nie vorher hatte.

aber offensichtlich verbinden wir doch alle etwas unterschiedliches damit. einige nur parties, andere eine grossstadtfamilie, deren zusammenhalt über den einer reinen partyclique schon hinausgeht. ich habe ja irgendwann angefangen zu hoffen, phiesta liesse sich auch in eine gemeinsame aktion verwandeln, in eine "gruppe" im sinne der 60er, die spass, musik, kunst, aktion, und nun ja vielleicht sogar die eine oder andere politische vorstellung eint. aber das sind wir nicht, das ist mir klar. eigentlich schon länger, aber an jenem sonntag vor fast drei wochen wurde es mir wieder sehr bewusst.

wir sind einfach so verschieden und in so unterschiedlichen lebenswelten, dass unser gemeinsamer nenner meist doch nur party und nur in lichten momenten auch grossstadtfamilie ist.

aber ist das wirklich zu beklagen? beklage ich das nicht nur, weil ich mir illusionen gemacht habe? wo ist das problem, werden mich einige fragen? mein problem ist, dass sich der zauber abnutzt, der spirit des ganzen. und den stellen dann auch irgendwann keine parties mehr her. das hat nichts damit zu tun, dass mir alle phiestaner sehr ans herz gewachsen sind.

vielleicht bin ich ja unbescheiden. vielleicht ist das nur der unvermeidliche gang der dinge. vielleicht habe ich aber im moment einfach nur zu viele "bad vibrations" in mir selbst, und in zwei monaten sieht schon wieder alles ganz anders aus.

weiter im September 2001