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boeni, 29. mai 2000:

Vor ein paar Tagen lese ich, dass diese hippe Londoner Werbeagentur to.ma.to und Underworld ein und dieselben Leute sind. Ein Kollektiv, das erfolgreich Kunst, Film, Werbung und Musik verbindet. Seit 1991 sind sie zusammen. Da wird mir wieder einmal klar, wie zerrissen dieser Phiesta-Haufen hier ist. Was ist von der Euphorie im August 99 geblieben, als wir im Überschwang verrückte Projekte ausdachten, Sarch auf der Fensterbank tanzte?

Fast alle sind irgendwie in ihren eingefahrenen Spuren geblieben, hegen ihre Animositäten, hadern mit den Umständen.

Sanjo will sich nicht ins Rat Race stürzen, ihn kotzt die Karrieregeilheit rundum an, aber sein jetziger Job ebenso, in den er in Uni-Tagen reingeschlittert ist. Er würde gern sein Internet-Projekt starten, von dem er mir schon vor 1 Jahr erzählt hat, und die Frauen - ein Abgrund. Als ich am Samstag abend kurz bei ihm reinschneie, ist der Abgrund gerade wieder aufgerissen. Die Frau, mit der er bei ?jas Geburtstag turtelte, sei in ihn verliebt, sagt er, aber er - Überraschung!! - nicht in sie. Wie hofft habe ich das schon gehört?

Barac knabbert immer noch an M., die vor einem Jahr auf Nimmerwiedersehen verschwand. Sein Job kotzt ihn nicht minder an, und es ist wirklich traurig, ihn im Büro völlig unterfordert zu sehen, denn hat echt was auf dem Kasten, versauert aber in unserer blöden Hierarchie, die sich nicht für ihn interessiert.

Schmi ist immer gut drauf, wenn man ihn sieht, aber Barac erzählt mir, daß ihm die Frauen zu schaffen machen. Naja, heute abend stimmt sein Hormonspiegel, weil er gestern abend ganz unverhofft auf einer unerwartet guten Party rumgeknutscht hat, wie er eben lachend sagt. Es nervt ihn höllisch, jeden Morgen um 5 Uhr aufzustehen, um noch vor dem Brutalstau bei seinem Job in Stade zu sein. Aber auch er träumt bisher nur von Veränderung.

Makan hat sich zwar in ihrer neuen Selbständigkeit ganz gut eingerichtet, es scheint auch einige Knete dabei rauszukommen, jedenfalls hat sie sich neulich einen Mini gekauft, ich hatte immer gedacht, sie sei recht pleite, weil sie oft übers Geld nölt. Trotzdem klingt es wie business as usual, was sie macht, für ihren alten, neuen Arbeitgeber, und von spannenden Projekten ist nie die Rede. Ihre Beziehung zu M. kostet sie nach wie vor viele Nerven. Seit ihrem 35. Geburtstag macht ihr das Alter zu schaffen, sie bilanziert ihr Leben und ihre Gefühlswelt und ist nicht richtig glücklich damit.

Woldo bekommt derweil graue Haare in dieser Werbesekte im Karoviertel, in der sich zahlreiche Idioten tummeln, die glauben, Motivation sei etwas für Weicheier und Übellaunigkeit der gute Ton der 90er. Manchmal rege ich mich für sie richtig auf, wenn ich die Geschichten höre, weil ich nicht glauben kann, daß Menschen so kommunikationsgestört sein können.

Über Sarch höre ich ab und zu, daß sein neues Leben in Essen O.K. ist, aber weniger, als er sich wohl vorgestellt hat.

Einzig Noaal, der Unbeschreibliche, ruht mit seinem britisch-polnischen Phlegma in sich, gibt sein Geld für Unsinn aus, der ihn nicht belastet, reißt ständig Frauen auf, und wenn sie ihn absägen oder er sie, findet er halt eine andere.

Und ich?

weiter am 20. juni 2000